VOC sind flüchtige organische Kohlenwasserstoffe, die zumeist aus Lösemittel stammen. Sie können bei empfindlichen Menschen unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Müdigkeit und Unwohlsein auslösen. Aufgrund fehlender Grenz- und Richtwerte und mangelnder Kenntnisse über Langzeitwirkungen wie Allergien und Krebs haben vorsorgende Innenraumluftmessungen einen hohen Stellenwert.
VOC-Definition VOC (engl.: volatile organic compounds - VOC) sind organisch chemische Verbindungen, welche in einem Bereich bis ca. 260 °C sieden (Tab. I) und somit gasförmig in die Raumluft gelangen können. Zu den flüchtigen organischen Verbindungen zählt man zumeist die Lösemittel. Diese unterscheiden sich zum Teil sehr stark in bezug auf ihr Löseverhalten. So sind die klassischen Lösemittel, wie Benzol, Toluol, Xylole, Styrol un- bis mittelpolare, nicht oder nur sehr schwer wasserlösliche Verbindungen mit Siedepunkten bis 120°C. Aufgrund ihrer leichten Flüchtigkeit sind diese Lösemittel mehr ein Problem des Arbeitsschutzes. Lösemittel, wie Glykole und Glykolverbindungen (wie z.B. Ethylenglykol, 2-Buthoxyethanol, etc.) sind polare Verbindungen mit Siedepunkten über 120°C. Aufgrund ihres relativ hohen Siedepunktes können diese zu zeitlich anhaltenden Raumluftbelastungen führen.
Tabelle I: Klassifizierung von organischen Verbindungen im Innenraum (nach: WHO - World Health Organization 1989) |
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Verbindungen | Abkürzung |
Siedepunktsbereich
[°Celsius] |
leichtflüchtige organische Verbindungen (engl.: very volatile organic compounds) |
VVOC
|
< 0 bis 50°C
(bis 100°C) |
flüchtige organische Verbindungen (engl.: volatile organic compounds) |
VOC
|
50 bis 250°C
(100 bis 260°C) |
Mittel- bis schwerflüchtige organische Verbindungen (engl.: semi volatile organic compounds) |
SVOC
|
250 bis 380°C
(260 bis 400°C) |
Sogar in vermeindlich unbelasteten Räumen existiert eine gewisse Hintergrundbelastung, die sich aus einem Gemisch verschiedenster VOC zusammensetzt. Grundsätzlich werden folgende VOC-Klassen unterschieden:
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Im folgenden werden beispielhaft
für Innenräume relevante Emissionsquellen beschrieben.
Aus behandeltem
und nicht behandeltem Bauholz, Paneelen und anderen Hölzern können eine
Reihe von mehr oder weniger langkettigen Kohlenwasserstoffen, Terpene, Aldehyde,
Ketone und Alkohole in die Raumluft gelangen. Insbesondere die Terpene sind
in letzter Zeit wegen ihres allergenen Potentials in die öffentliche Diskussion
geraten. Viele dieser Verbindungen werden als natürlicher Ersatz für synthetische
Bestandteile z.B. in Holzpolituren und Lacken verwendet und unter dem
Label Natur, Bio bzw. Öko verkauft.
Aus Feuerungsstätten,
z.B. offenen und geschlossenen Kaminen, Kamin- und Kachelöfen können Alkane
und Alkene, Alkohole, aromatische Verbindungen wie Benzol, Toluol, Ethylbenzol,
m/p-Xylol, o-Xylol, Styrol, n-Propylbenzol, Ethyltoluol, Trimethylbenzol, Methylbenzoat
etc. sowie chlororganische Verbindungen in die Raumluft gelangen. Eine weitere
Verbrennungsquelle für den Eintrag von VOC in die Raumluft stellen Kerzen
(aus Parafin-Wachsen) sowie Lampenöle dar. Bei Lampenölen handelt es
sich vorwiegend um Paraffine und Isoparaffine, Petroleum und andere kurzkettige
Alkane, die z. T. mit Geruchs- und Farbstoffen versetzt sind. Flüchtige organische
Verbindungen können auch im Zusammenhang mit Heizungssystemen beim Heizen
mit Heizkostenverteilern in die Raumluft gelangen. Bei Heizkostenverteilern
nach dem Verdunstungssystem handelt es sich bei der Verdampferflüssigkeit in
der Regel um Methylbenzoat. (MORISKE 1998)
Aus Möbeln und
Einrichtungsgegenständen werden je nach verwendeten Holzarten, Kleber und
Oberflächenbehandlungsmitteln (Farben und Lacke) Alkane, Carbonyle und Terpene
emittiert.
Auch aus Wandverkleidungen und Bodenbelägen,
insbesondere den verklebten und imprägnierten, können die o.a. Schadstoffe
in die Innenraumluft emittieren.
Chlorierte Kohlenwasserstoffe, insbesondere das Tetrachlorethen (=Perchlorethylen)
können nach erfolgter chemischer Reinigung von Textilien in die Raumluft
gelangen. In diesem Zusammenhang ist auch der Eintrag von Tetrachlorethan in
Wohnungen, die sich unmittelbar neben chemischen Reinigungsanlgen befinden,
bedeutsam. Auch der Einsatz von Haushaltsprodukten verursacht Belastungen durch
Alkane, Alkohole, Glykole, Ester, Ketone und chlorierte Kohlenwasserstoffe.
In Desinfektionsmitteln im Haushalt befinden sich darüber hinaus formaldehyd-
und phenolhaltige Stoffe sowie Pestizide.
Personen und
Haustiere können ebenfalls zu einem direkten oder indirekten Eintrag von
VOC in die Raumluft beitragen. Mensch und Tier produzieren körpereigene Geruchsstoffe
und Stoffwechselprodukte, die direkt emittiert werden. Durch den Gebrauch von
Kosmetika werden weitere VOC von Körper und Kleidung in die Umgebungsluft abgegeben.
Bei Mikroorganismen
sind nicht die Emissionen selbst, sondern die Stoffwechselprodukte (MVOC – mikrobielle
VOC) von Bedeutung.
VOC kommen außer
in Innenräumen auch in der Außenluft vor und können von dort in die Innenluft
gelangen. Dies gilt insbesondere für das kanzerogene Benzol und andere aromatische
Kohlenwasserstoffe aus dem Autoverkehr.
Tabakrauch
als VOC-Quelle soll an dieser Stelle nicht näher betrachtet werden. Unbestreitbar
stellt Tabakrauch die gefährlichste Form der Innenraumluftverunreinigung dar.
Zur Bewertung der aktuell diskutierten stofflichen Innenraumbelastungen, die vor allem für zu Allergien neigenden Menschen (Atopiker) von Bedeutung sein können, untersucht und bewertet das INSTITUT FÜR UMWELT UND GESUNDHEIT - IUG Fulda über die Produktlinie spezifizierte Teppichböden. Dabei werden die empfohlenen und verwendeten Textilbelagsklebstoffe mit in die Untersuchung einbezogen. Als Modellversuch dienen dafür drei anfangs nicht genutzte im Aufbau und Grundriß identischen Schulräume. Dabei wird in Raum 1 Teppichboden verklebt. In Raum 2 wird Teppichboden lose verlegt, also nicht fixiert und nicht verklebt. Raum 3 dient als Kontrollraum, in dem kein Teppichboden verlegt wird. In das Prüfkonzept werden neben der olfaktorischen (Geruchs-)Bewertung die folgenden gesundheitsrelevanten, insbesondere allergenen Faktoren mit aufgenommen: Formaldehyd, VOC, Glykole, Schwermetalle und Staub. Beim Lüften wird nach dem Prinzip des „worst case“ (niedrige Luftwechselrate) vorgegangen.
Der über mehrere Jahre geprüfte textile Bodenbelag zeigt in Verbindung mit
dem verwendeten Kleber eine abnehmende olfaktorische Belastung. Die in den
Innenräumen gemessenen Emissionen nehmen innerhalb der ersten vier Wochen stark
ab und sind dann insgesamt so gering, daß daraus, insbesondere unter Berücksichtigung
normaler Nutzung, nach dem jetzigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse
keine gesundheitlichen Risiken auch für Allergiker (Atopiker) abgeleitet werden
können.
Der Modellversuch
zeigt deutlich, daß die potentiell allergenen Innenraumbelastungen wie a-Pinen,
b-Pinen, Limonen, aber auch 2-Butoxy-ethanol und 2-Ethyl-1-hexanol auf den verwendeten
Kleber zurückzuführen sind. Denn diese Stoffe konnten in relevanten Konzentrationen
nur in dem Prüfraum gefunden werden, in dem der textile Bodenbelag verklebt
verlegt war.
Abbildung 1 VOC in der Innenraumluft Raum1 (Teppich verklebt) ca. ein Jahr nach Neubelag (Abszisse nicht maßstabsgetreu)
Die Bewertung der Belastungen von VOC in der Raumluft bereitet
Schwierigkeiten, da es sich hier um eine Vielzahl chemisch zum Teil sehr unterschiedlicher
Verbindungen handelt. Da bis heute nur für einige wenige VOC Richt- bzw. Grenzwerte
in Innenräumen existieren, werden meist die Untersuchungsergebnisse des 1.
Umwelt-Survey‘s 1985/1986 (KRAUSE et al. 1991) zum Vergleich bzw. zur Orientierung
bei der hygienischen Bewertung gemessener VOC-Belastungen in Innenräumen herangezogen.
Aufgrund der in dem Survey erhobenen Verteilung wurden von SEIFERT (1990)
Zielwerte für einzelne Substanzgruppen sowie für eine Gesamt-VOC-Belastung
(TVOC) vorgeschlagen: (Tab. II):
Die Exposition
gegenüber VOC und deren Gemischen kann auch unterhalb der Schwellen einer
akuten Einzelwirkung das Wohlbefinden bzw. die Gesundheit von Menschen beeinträchtigen
(Kombinationswirkung). Die Wirkung langanhaltend niedriger Konzentrationen
von VOC, insbesondere als Gemisch, kann sich in unspezifischen Symptomen und
Reaktionen, wie
äußern, aber auch zu bleibenden Gesundheitschäden führen. (PLUSCHKE 1996)
Tabelle II: Zielwerte für einzelne Substanzklassen sowie für die Summe VOC (nach SEIFERT 1990) |
|
Substanzklasse |
Zielwert
[µg/m³] |
Alkane |
100
|
Aromatische Kohlenwasserstoffe |
50
|
Terpene |
30
|
Halogenierte Kohlenwasserstoffe |
30
|
Ester |
20
|
Carbonylverbindungen (außer Formaldehyd) |
20
|
Andere |
50
|
|
|
TVOC (totale VOC-Konzentration) |
300
|
KRAUSE CH et al.: Insitut für Wasser-, Boden- und Lufthygine des Bundesgesundheitsamtes:
Umweltsurvey Band IIIc: Wohn-Innenraum: Raumluft, Berlin (1991)
FISCHER M et al.: Modellverusch und Prüfkammeruntersuchungen zur Beurteilung
von Innenraum belastungen durch textile Bodenbeläge und Textilbelagsklebstoffe,
in Gebäudestandard 2000: Energie & Raumluftqualität, AGÖF, Springe-Eldagsen
(1998) 262-266
FISCHER M et al.: Textile Bodenbeläge – Eigenschaften, Emissionen, Langzeitbeurteilung,
C.F. Müller Verlag, Heidelberg (2000)
MORISKE H J: Chemische Innenraumluftverunreinigungen, Handbuch für Bioklima
und Lufthygine, ecomed Verlagsgesellschaft Landsberg/Lech (1998) III-4.2
PLUSCHKE P: Luft-Schadstoffe in Innenräumen – Ein Leitfaden, Springer-Verlag,
Berlin (1996) SCHOLZ H: Qualitätsanforderungen bei der innenraumbezogenen
Probennahme und Dokumentation, in Ökologisches Bauen und Sanieren, DIEL
et al. (Hrsg.), C.F. Müller Verlag, Heidelberg (1998), 130-142
SCHOLZ H: Qualitätssicherung bei Innenraumuntersuchungen, in Wegweiser Umweltmedizin,
Landeshauptstadt München, Referat für Umwelt und Gesundheit, Augsburg (1999),
58-61
SEIFERT B: Flüchtige organische verbindungen in der Innenraumluft. Bundesgesundheitsblatt
33 (1990) 111-114 WHO: Indoor air quality: organic pollutants. Euro Reports
and Studies 111 (1989)